Der Begriff „Alliierte“ ist im deutschen Sprachraum auf den ersten Blick fest definiert. In der Allgemeinheit wird dieser Terminus mit den führenden Mächten der Koalition im Kampf gegen Hitler im Zweiten Weltkrieg verbunden. Dabei hat das Wort den Weg schon viel früher in den deutschen Wortschatz gefunden. Im Laufe der Zeit änderte sich seine Bedeutung. Vor allem im Kalten Krieg erlangte es in der Bundesrepublik und besonders in West-Berlin einen neuen Sinngehalt, auf den das AlliiertenMuseum bereits in seinem Namen hinweist.
Der Duden von 1993 definiert den Begriff „Alliierte“ wie folgt: „einem Bündnis angehörende Macht, Verbündeter, Bundesgenosse b) die im 2. Weltkrieg verbündeten Staaten“. Begriffsgeschichtlich betrachtet ist das Wort „Alliierte“ seit über 350 Jahren in der deutschen Sprache vertreten. Seinen Ursprung hat das Wort im Lateinischen, fand aber erst als Lehnwort aus dem Französischen seinen Weg in die deutsche Sprache. Mitte des 17. Jahrhunderts wurden das Verb „alliieren“ und das Adjektiv „alliiert“ substantiviert. Beides stammt vom französischen Verb „s’allier“ ab.
Für die Geschichtsschreibung spielt der Begriff „Alliierte“ erstmals in den Koalitionskriegen gegen Napoleon eine wichtige Rolle. In der Fachliteratur werden die in den jeweiligen Kriegen verbündeten Staaten bis heute als „Alliierte“ betitelt. Die Bündnispartner schlossen sich per Vertrag zu einer Allianz gegen das napoleonische Frankreich zusammen. Ein definieren der Aspekt für die Beschreibung des Begriffes „Alliierte“ ist ein Bündnisvertrag wie er auch von den Gegnern Napoleons unterzeichnet wurde.
Ein weiteres historisches Ereignis, in dessen Zusammenhang das Wort „Alliierte“ öfters Verwendung findet, ist der Erste Weltkrieg. Obwohl der Begriff Entente im deutschen Sprachgebrauch für die Bezeichnung der Allianz gegen das Deutsche Reich, Österreich-Ungarn und das Osmanische Reich eher geläufig ist, lautet die aus dem Englischen übersetzte, offizielle Bezeichnung „Alliierte und assoziierte Mächte“. In der Encyclopedia Britannica (2007) heißt es dazu:
„The major Allied Powers in World War I were the British Empire, France and the Russian Empire, formally linked by the Treaty of London of Sept. 5, 1914; […] other nations, including the United States after its entry on April 6, 1917- that were arranged against the Central Powers were called ‘Associated Powers’, not Allied Powers; U.S. President Woodrow Wilson emphasized this distinction to preserve America’s free hand […].” Erneut wird das begriffsgeschichtlich wichtige Element eines formellen Vertrages deutlich. Bewusst entzogen sich die USA im Ersten Weltkrieg den Verpflichtungen eines Bündnisvertrages und blieben eine „Associated Power“. (Diese förmliche Bezeichnung macht deutlich, dass eine Allianz auf einer formellen und verbindlichen Grundlage basiert. Die USA entgingen im Ersten Weltkrieg durch die Unterlassung einer Ratifizierung eines Bündnisvertrages den damit verbundenen Pflichten.)
Im Zweiten Weltkrieg dann gab es verschiedene Vertragswerke, die Amerikaner, Briten, Sowjets und Franzosen zu einer Allianz verbanden. Bereits vor dem offiziellen Eintritt der USA in den Krieg bestand mit dem Lend-Lease Act eine vertragliche Bindung unter den Alliierten. In der Nachkriegszeit wurde der Begriff „Alliierte“ in Deutschland zum Synonym für die vier Sieger- und Besatzungsmächte. Für Verwaltungsorgane wie die Alliierte Kommandantur oder den Alliierten Kontrollrat, die die Regierungsgewalt in Berlin und Deutschland innehatten, war er namensgebend und prägte die öffentliche Wahrnehmung.
Zu einer weiteren Definitionsergänzung kam es mit dem aufkommenden Kalten Krieg. In der zweiten Hälfte der 1940er Jahre verfestigte sich die politische, wirtschaftliche und geographische Spaltung zwischen den von den westlichen Alliierten kontrollierten Zonen und der sowjetisch kontrollierten Besatzungszone. Gleiches galt für die Situation in der Vier-Mächte-Stadt Berlin. Zum entscheidenden Faktor für die Teilung Deutschlands und Berlins wurden die sowjetische Blockade und die darauf folgende Luftbrücke. Nur drei Jahre nach Kriegsende bekannten sich die Westmächte zu ihrer Verantwortung für Berlin und versorgten die Bevölkerung im Westteil der Stadt aus der Luft. Amerikaner, Briten und Franzosen legten in den Augen großer Teile der Bevölkerung so ihren Status als Besatzungstruppen ab und wurden zu Schutzmächten.
Mit der Gründung der Bundesrepublik und der DDR im Jahr 1949 war die Teilung Deutschlands endgültig vollzogen. In Westdeutschland wachte in den ersten Jahren die Alliierte Hohe Kommission der Briten, Amerikaner und Franzosen über die noch junge Demokratie. Die Teilung hatte auch Einfluss auf den Begriff „Alliierte“. In einer Erklärung der Alliierten Hohen Kommission zu Berlin vom Oktober 1949 schlägt sich dies nieder: “The High Commission has again had under consideration the special situation of Berlin and wishes to emphasize the determination of the three Allied Governments to maintain their rights and obligations in that city, […].“ Für die Westmächte gab es in Bezug auf Deutschland nur noch drei alliierte Regierungen. Der Sowjetunion wurde im Zeichen des Kalten Krieges der Status eines Alliierten aberkannt. Formell war man zwar immer noch mit der Sowjetunion gemeinsam für Deutschland und Berlin verantwortlich, aber praktisch wurden diese Vereinbarungen ignoriert.
Diese Entwicklung spiegelt sich auch im deutschen Sprachgebrauch und zwar auf beiden Seiten der Grenze. Ein in der DDR verlegtes Fremdwörterbuch von 1958 erklärt den Begriff „Alliierte“ als Bezeichnung für die „im ersten und zweiten Weltkrieg (…) gegen Deutschland kämpfenden westlichen Länder“. Die Rolle der Sowjetunion als alliierte Macht wird im Sinne des ideologischen Lagerdenkens im Kalten Krieg also ignoriert. Ähnliches galt für die Sichtweise vieler West-Berliner. Sie verwendeten den Begriff oft als Synonym für „Schutzmächte“.
In West-Berlin war der Begriff „Alliierte“ daher eng mit den amerikanischen, britischen und französischen Stationierungstruppen verbunden. Beispielsweise wurde die zwischen 1964 und 1994 alljährlich in West-Berlin stattfindende Militärparade als „Tag der alliierten Streitkräfte“ betitelt.
In dieser Tradition steht auch das AlliiertenMuseum. Der Name des Museums steht für die historisch besondere Verbindung zwischen der Berliner Bevölkerung und den Westmächten. Seit 1998 widmet sich das AlliiertenMuseum hauptsächlich der Geschichte amerikanischer, britischer und französischer Truppenpräsenz. In Sonderausstellungen und Veranstaltungen wird immer wieder auch die Rolle der sowjetischen Besatzungs- und Stationierungsmacht thematisiert. Noch sehr viel deutlicher wird dies für eine neue Dauerausstellung gelten. Dreißig Jahre nach Ende des Kalten Krieges ist es an der Zeit, an den ursprünglichen Sinngehalt des Begriffs „Alliierte“ anzuknüpfen.